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Schloss Berneck
Ortsteil Berneck, Altensteig, Kreis Calw, Baden-Württemberg
Information aus Burgen des Deutschen Mittelalters [1]
Erbaut wurde die vermutlich kleine Burg zwischen 1230 und 1240. Übrig ist nur die 2,6 m starke und 29 m hohe Schildmauer. In 22 m Höhe (!) gibt es einen Eingang, von dem Treppen in den überkragenden Wehrgang und die Ecktürme führten. Die Treppe zum Eingang begann auf dem Wehrgang der Ringmauer. Die mit Buckelquadern verkleidete Schildmauer ist imponierend.
Grundriss in: Antonow-SWD, S. 118
[1] Friedrich-Wilhelm Krahe - Burgen des Deutschen Mittelalters. Grundriss-Lexikon. Seite 99.
Die folgendenden Abschnitte stammen von einer Tafel an der Burg.
Die hochmittelalterliche Burg
Die hochmittelalterliche Burg des 13. Jahrhunderts stellt innerhalb der Entwicklung des Befestigungswesens eine Sonderform dar.
Als baulicher Reflex der politischen Situation entstand sie in Zeiten schwacher Zentralgewalt und starker föderalistischer Kräfte!
Diese entwickelten mangels größeren wirtschaftlichen Potentials und größerer Heere eine kleinflächige, im Durchschnitt 1000 qm große Befestigungsanlage, die, überwiegend von einer einzigen Familie bewohnt, mit geringem Personalaufwand verteidigt werden konnten. Normalerweise waren dies 5 bis 10 wehrfähige Männer. Bei Bedarf konnten sich vorübergehend 20 bis 40 Mann Besatzung in diesen kleinen Burgen aufhalten.
Die topografische Lage der Burg: Künstliche Spornterrasse
Künstliche Spornterrassen wurden unter: größerem wirtschaftlichem Aufwand mit einem Halsgraben hergestellt. Das Ausbruchmaterial des Halsgrabens wurde als Baumaterial verwendet.
Im Halsgraben verläuft heutzutage ein Gemeindeverbindungsweg in das Bruderhaus.
Der Bergsporn verläuft von einem Plateau (Verlängerung des „Roßrückens“) im Mündungswinkel des Köll- bzw. Bruderbaches.
Burgen auf Bergspornen waren von den Verkehrswegen in den Tälern besser erreichbar. Zudem konnten wasserführende Schichten des Berges leichter angegraben werden.
Der Bergfried
Der Bergfried hatte die Funktion einer Hochwarte (frühes Erkennen des Feindes und eventuelles Signalisieren zu Nachbarburgen) und des letzten Zufluchtsortes der Besatzung bei einer Belagerung. Wehrtechnisch hatte er den Vorteil der Höhe und der massiven Konstruktion.
In Berneck steht er direkt am künstlichen Halsgraben. Er hat quadratischen Querschnitt und besitzt feldseitig eine Schießscharte. Die heutige Bedachung (Regenschutz) dient der Erhaltung der Bausubstanz. Der Bergfried war früher vermutlich um einiges höher.
Die Ringmauer
Die Ringmauern umschlossen die gesamte Anlage und schützten so vor dem Eindringen der Angreifer.
In Berneck sind nur noch kleine Teile im Bereich des Bergfriedes vorhanden. Sie wurden In jüngerer Zeit durch Stützmauern ersetzt, die Raum um die Anlage schufen, oder entfernt, um Licht auf das Areal zu bringen (Anlegen eines Schlossgartens).
Das Burgtor
Das Burgtor hatte den Zugang zu der Anlage zu ermöglichen, war damit aber auch ein besonderer Schwachpunkt, der mit aufwendigen Schutzeinrichtungen ausgerüstet war (Wassergraben, Zugbrücke etc.). In Berneck ist das Burgtor nicht mehr vorhanden. Ehemals lag es in Richtung der Kirche. Durch einen steilen Anstieg war die Anlage zu erreichen, Der heutige Zugang stellt einen feldseitigen Durchbruch der Ringmauer dar. Er wurde erst in neuerer Zeit, als die Anlage nicht mehr die ursprüngliche Funktion hatte, ausgebaut, um die Erreichbarkeit mit der Kutsche herzusteilen.
Das Wohngebäude
In Berneck handelt es sich sehr wahrscheinlich um ein unselbstständiges Steinhaus mit Fachwerkaufsatz. Dies bezieht sich jedoch nur auf den linken Tell der heutigen Anlage {der rechte Tell der heutigen Anlage entstand Mitte des 19. Jahrhunderts aus einer Remise bei Um- oder Ausbauten zu einem Repräsentationsbau).
Erkennbar vom ehemaligen Wohngebäude sind die Buckelquader an beiden Gebäudeecken und auch die Wandstärken Im Untergeschoss Der heutige Aufgang mit den Steintreppen wurde im Zuge des Ausbaues Mitte des 19. Jahrhunderts erstellt.
Für die Unselbstständigkeit des Wohnhauses der ehemaligen Burg Spricht die Feststellung, dass der ehemalige Verlauf der Ringmauer und die talseitige Gebäudewand in einer Flucht liegen. Weiterhin ist die Rückwand des Wohngebäudes Bestandteil der vorhandenen Schildmauer.
Die Schildmauer
Die Schildmauer ist der auf der Feld-Angriffsseite befindliche Teil der Ringmauer mit einer besonderen Ausbildung und Verstärkung in der Mauerbreite und Mauerhöhe.
Im Mittelalter wurde der verstärkte feldseitige Ringmauerabschnitt als „Mantel“ bezeichnet. Daher ist auch der Name „Hoher Mantel” oder "Hoh’Mantel” gebräuchlich.
In Berneck handelt es sich um eine nachträglich errichtete Wehrgang-Schildmauer, die vom Bergfried räumlich deutlich abgesetzt Ist. Die Schildmauer steht nicht auf der Ringmauer, vielmehr wurde die Breite der Schildmauer so gewählt, dass die Ringmauern an die Schildmauer anschlossen. Die Schildmauer entstand Mitte des 13. Jahrhunderts. Sie hatte einen ungedeckten Wehrgang. Feldseitig ist ein Aborterker, hofseitig ein Pecherker vorhanden. Die bauliche Ausgestaltung ist mit so genannten Buckelquadern vorgenommen, die vereinzelt Steinmetzzeichen aufweisen (offenes Dreieck, Rechteck oder Raute).
Mitte des 14. Jahrhunderts musste die Schildmauer erhöht werden wegen der Fortentwicklung der Waffe Steinschleuder. Zu erkennen ist diese „Aufstockung“durch ein Überkragen des jetzigen gedeckten Wehrganges über den unteren Teil der Schildmauer.
Die bauliche Ausführung des aufgesetzten Teiles besteht nicht mehr aus Buckelquadern, sondern aus geschlichtet behauenen Steinen. Der gedeckte Wehrgang mit feld- und hofseitigen Schießscharten ist an beiden Enden mit einem zweigeschössigen steinernen Kampfhäusern ausgestattet.
Am südlich gelegenen Kampfhaus sind Mauerdurchbrüche und Aus- sparungen vorhanden, aufgrund deren sich darauf schließen lässt, dass hier zusätzlich noch ein hölzernes Kampfhaus angebracht war, um die Verteidigung der Flanke der nicht so steilen Talseite zu erhöhen.
Statisch betrachtet ist die Schildmauer ein so genanntes Sandwich-Bauwerk mit drei voneinander unabhängigen Scheiben: die feldseitige Buckelquadermauer, eine Zwischenmauer aus Bruchsteinmauerwerk und die hofseitige Buckelquadermauer.
Die Verwendung von Buckelquadern hat zwei Gesichtspunkte; eine psychologische und eine ökonomische. Die Rauheit des Buckelquaders verleiht dem Bauwerk den Eindruck zusätzlicher Wehrhaftigkeit (Schuppenpanzer) und spart zugleich Kosten durch Reduzierung der Bebauungszeit.
Die etwaigen Maße der Schildmauer betragen 29 x 23 x 2,6 m, was einem Volumen von rund 1.700 Kubikmeter oder einem Gewicht von rund 4.000 Tonnen entspricht.