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Burgruine Wittlingen (Hohenwittlingen)

Wittlingen, Bad Urach, Landkreis Reutlingen, Baden-Württemberg.

Information aus Burgen des Deutschen Mittelalters [1]

»Burkhard de Witilingin« wird 1090 urkundlich genannt. Begonnen wurde die Burg 1100. Sie überstand 1311 eine Belagerung. 1576 wurde sie durch einen Brand beschädigt aber widerhergestellt. Nach 1648 wurde sie verlassen. Die Anlage ist teilweise mit Buckelquadern verkleidet. Ihre Schildmauer ist am Fuß 5,3 m, oben 4,5 m dick.

Grundriss in Antonow, SWD, S. 280; Schmitt, Band 4, S. 235.

Grundriss

[1] Friedrich-Wilhelm Krahe - Burgen des Deutschen Mittelalters. Grundriss-Lexikon. Seite 675.

Informationen von einer Tafel bei der Burg

Bereits in den Jahren 1089/90 wird ein „Burchardus de Witilingin“ genannt, bei dem es sich möglicherweise um den ersten Burgherren und Erbauer der Burg handelt. Diese selbst erscheint in der schriftlichen Überlieferung allerdings erstmals 1251 im Zuge des Verkaufs an Württemberg als „castrum Witelingen“. Lesefunde belegen zudem ein Bestehen der Burg spätestens seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Ursprünglich dürfte der Ort Wittlingen in der Verfügungsgewalt der Grafen von Achalm-Urach gewesen sein, kam jedoch in Folge zeitweise an Graf Kuno von Lechsgmünd, wohl den Vater oder Großvater des oben erwähnten Burkhard. Danach wird die Besitzgeschichte zunächst unklar, scheinen hier doch zeitweise staufische Dienstmannen Rechte gehabt zu haben und auch eine gewisse Verfügungsgewalt der Uracher Grafen scheint vorhanden gewesen zu sein. Deutlicher werden die Verhältnisse erst wieder 1248, als Bischof Eberhard von Konstanz als Eigentümer der Burg in Erscheinung tritt, wohl als Folge der Beteiligung der Grafen von Urach an den Erhebungen König Heinrichs (VII.) und des Schwäbischen Adels im Jahr 1235 gegen Kaiser Friedrich Il. Dieser verkaufte sie jedoch bereits 1251 um 1100 Mark Silber mitsamt Zubehör an das expandierende Haus Württemberg. 1254 tauschte Graf Ulrich I. die Hälfte der Burg gegen die Hälfte von Burg und Grafschaft Urach und im Jahr 1286 diente die Burg neben der Burg Rems als Pfand des Grafen Eberhard I. von Württemberg für den mit König Rudolf I. von Habsburg geschlossenen Frieden.

Ansicht 1596

Darstellung der Burg und des Dorfs Wittlingen in der Forstkarte des Georg Gadner aus dem Jahr 1596.

Um 1300 war der oberhalb der bedeutenden Ermstalstraße liegende Hohenwittlingen einer der Hauptstützpunkte der württembergischen Herrschaft und 1311 konnte die Burg im Reichskrieg erfolgreich verteidigt werden; neben dem Hohenurach, der nahen Seeburg und dem Hohenneuffen als letzte der württembergischen Stützpunkte. Erst im 16. Jahrhundert verlor sie endgültig ihre frühere Bedeutung, diente aber noch als Sitz eines württembergischen Burgvogts und später eines Forstknechts. 1548 war sie Zufluchtsstätte des Reformators Johannes Brenz, der während seines dortigen Aufenthalts seinen berühmten Kommentar über den 93. Psalm verfasste und den Späteren württembergischen Katechismus entwarf.

1576 brannte die Burg nieder, wurde aber infolge wieder soweit hergestellt, dass ein Gefängnis für „Wilderer und Bösewichter” eingerichtet werden konnte und im 30jährigen Krieg wurde sogar zeitweise wieder bis 1648 erneut eine kleine Garnison dorthin verlegt.

Ansicht 1800

Darstellung der Ruine Hohenwittlingen um 1800.

In der Folgezeit begann der endgültige Verfall und teilweiser Abbruch der Anlage, die allerdings noch im 18. Jahrhundert den Wittlinger Bauern dazu gedient haben soll, ihr Vieh bei Gefahr dort hinein zu treiben. Damals entdeckte man beim Neubau der Försterwohnung „unterirdische Kasematten” und eine Wendeltreppe. Eine umfangreiche Sicherung der Anlage erfolgte 1953-63, jedoch scheinen bereits zuvor mehrfach Instandsetzungsarbeiten durchgeführt worden zu sein. Größere Bekanntheit erlangte Hohenwittlingen schließlich auch dadurch, dass auf dem dortigen Hofgut seit 1864 der Schriftsteller D. F. Weinland lebte, der hier 1876 sein bekanntes Jugendbuch „Rulaman” schrieb, dessen Handlung in der Gegend um Hohenwittlingen und den dortigen Höhlen spielt.

Die Burganlage

Grundriss Alternativ

Die auf einem steilen Felssporn oberhalb der „Wittlinger Mühle” erbaute Burganlage ist zur Hochfläche durch einen mächtigen, etwa 14 m tiefen Halsgraben (1) gesichert, dem ein etwas kleinerer Graben (2) vorgelagert ist. Der Burgweg (3) führte wohl stets wie heute auch nordöstlich der Anlage entlang und erreichte von dort die Hauptburg am nordwestlichen Ende des Areals. Dabei passierte er einen etwas tiefer liegenden Vorburgbereich (4) am Spornende, der heute keinerlei Bauspuren mehr aufweist. Ursprünglich dürften hier einmal leichte Ökonomiebauten gestanden haben.

Nicht mehr erhalten ist auch das äußere Burgtor (5), das durch ein kleines Rondell (6) oberhalb des Burgwegs geschützt war. Dieses dürfte zugleich im Zusammenhang mit einer spätmittelalterlichen Zwingeranlage (7) gestanden haben, die die Burg dort und auf ihrer West- und Nordseite verstärkte.

Etwas oberhalb, dort wo die Umfassungsmauer des oberen Hofs heute oberhalb am steilen Felsen endet, dürfte das zweite Burgtor (8) gelegen haben, auf das lediglich noch ein kleines Grundmauerstück hindeutet. Dahinter liegen im unteren Burghof (9) die Reste eines spätmittelalterlichen Gebäudes (10), in dessen Kellergeschoss ein teilweise erhaltenes Portal führt. Diesem anschließend befanden sich bis hin zur Schildmauer weitere Bauten (11), von denen kaum noch Spuren erhalten sind.

Über eine aus dem Fels gearbeitete Treppe erreicht man den oberen Burghof (12), der von einer mehrfach erneuerten Umfassungsmauer (13) umgeben wird, die heute keine erkennbaren Spuren einer Innenbebauung mehr zeigt. Jedoch dürften sich hier einmal an die Innenseite der Mauer angelehnte Gebäude befunden haben. Über einen schmalen Durchgang (14), der auf eine originale Pforte in diesem Bereich zurückgeht, erreicht man vom östlichen Eck des oberen Hofs aus einen schmalen Zwingerbereich (15) oberhalb des Halsgrabens, in dem sich die Reste eines kleinen Gebäudes (16) erkennen lassen. Dieser diente zur feldseitigen Verstärkung der Burg und bildete vielleicht einmal eine Einheit mit dem nordseitigen Zwinger.

Imposantester Bauteil der Ruine ist die noch bis zu 12 m hoch erhaltene Schildmauer (17), an der sich mehrere Bau- und Reparaturphasen im Mauerwerk erkennen lassen. Zum ältesten erhaltenen Bestand gehört dabei das noch dem 12./13. Jahrhundert entstammende Mauerwerk am südwestlichen Mauerende, das zudem mit seinen hier ortsfremden Sandsteinbuckelquadern von hoher handwerklicher Qualität auch einen enormen gestalterischen und repräsentativen Anspruch der damaligen Burgherren verdeutlicht. Später muss es zu einer Zerstörung des hochmittelalterlichen Baubestands gekommen sein, dessen Reste bei der Errichtung der heutigen Schildmauer (14. Jahrhundert) aus weit weniger qualitätsvollem Mauerwerk mit einbezogen wurden. Die Aussichtsplattform (18) am südwestlichen Mauerende entstand erst im 19. Jahrhundert.

Spuren der Gründungsanlage aus der Zeit um die Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert sind an keiner Stelle mehr sicher erkennbar. Wie die Burg in dieser frühen Phase aussah, ist weitgehend unklar. Die heute erkennbare Ruine geht in ihrem Grundbestand im Wesentlichen auf einen vollständigen Burgenneubau des 14. Jahrhunderts zurück. Zahlreiche spätere Ausbesserungen und neue Aufmauerungen jüngerer Zeitstellung prägen zudem das heutige Erscheinungsbild der Ruine.

Von einer Bronzetafel an der Ruine

Auf dem Hohenwittlingen wurden von 1560 bis 1617 viele Männer aus württembergischen Täufergemeinden gefangengehalten, unter Ihnen die Vorsteher Paul Glock und Mathias Binder. Ihr Ziel war ein Leben in der Nachfolge Jesu. Sei tauften nur Menschen, die mit Ernst Christen sein wollten, sie verweigerten Kriegsdienst und Eid. Sie verkündigten die Botschaft vom kommenden Reich Gottes und waren bereit, dafür Freiheit und Leben zu geben.

Zeittafel

Von einer Granit-Tafel an der Ruine

Geo-Koordinaten

Burgruine Wittlingen (Hohenwittlingen)

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